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Was bedeutet Pflegebedürftigkeit?

Wenn ein Mensch im Alltag auf Hilfe angewiesen ist, sei es beim Waschen, Anziehen, Essen oder bei der Medikamenteneinnahme, sprechen Expert:innen von einer Pflegebedürftigkeit. Sie kann plötzlich auftreten, zum Beispiel nach einem Unfall, oder sich schleichend entwickeln, etwa im Alter oder bei einer Erkrankung wie Demenz. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, was Pflegebedürftigkeit bedeutet, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und warum die richtige Einstufung so wichtig ist.

Das Wichtigste in Kürze

  • Pflegebedürftige Personen sind im Alltag auf die Unterstützung anderer Menschen angewiesen.
  • Der Pflegegrad gibt Auskunft über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit.
  • Einen Pflegegrad bei einer Pflegebedürftigkeit zu besitzen, ist keine Pflicht, allerdings können nur Menschen mit einem Pflegegrad Leistungen der Pflegekasse beanspruchen.
  • Ob jemand im Sinne des Gesetzes pflegebedürftig ist, stellt der Medizinische Dienst im Auftrag der Pflegekasse fest.
  • Beeinträchtigungen in den Bereichen Ernährung, Mobilität und Körperpflege können auf eine Pflegebedürftigkeit hindeuten.

Pflegebedürftigkeits-Definition: Wann ist man pflegebedürftig?

Der Begriff „Pflegebedürftigkeit“ ist sehr populär. Das liegt daran, dass die Gesellschaft immer älter wird und somit eine zunehmende Anzahl an Menschen Unterstützung im Alltag benötigt. Doch wann ist eine Person tatsächlich pflegebedürftig?

Genau das hat das Gesetz geklärt – die Pflegebedürftigkeit ist im SGB XI (Sozialgesetzbuch 11) § 14 geregelt. Demnach sind Menschen dann pflegebedürftig, wenn sie gesundheitlich bedingt in ihrer Selbstständigkeit oder den Fähigkeiten beeinträchtigt sind und deshalb die Unterstützung Außenstehender benötigen.

Durch das Inkrafttreten des zweiten Pflegestärkungsgesetzes zum 01. Januar 2017 ist der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff gültig. Dieser konzentriert sich ebenfalls auf die Selbstständigkeit der Betroffenen, und zwar losgelöst von der Ursache. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff verfolgt das Ziel, körperlich, psychisch und kognitiv beeinträchtigte Personen gleichzustellen.

Selbsttest-Pflegebedürftigkeit – Sind Sie pflegebedürftig?

Sie haben den Eindruck, dass der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff auf Sie zutreffen könnte, sind sich aber nicht sicher?

Folgendes kann bei Ihnen auf eine Pflegebedürftigkeit hinweisen:

  • Sie sind nicht in der Lage, sich Speisen selbst zuzubereiten, zu zerkleinern und/oder zu essen.
  • Die Körperpflege, zu der beispielsweise das Rasieren, Haarewaschen oder Zähneputzen gehört, fällt Ihnen schwer.
  • Das Thema Mobilität ist bei Ihnen problembehaftet – Sie können beispielsweise keine Treppen steigen oder sich reibungslos umsetzen.
  • Zeitweise oder dauerhaft fällt es Ihnen schwer, sich zu orientieren oder zu kommunizieren.
  • Die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, das Wahrnehmen von Arztterminen oder die Einnahme von Medikamenten klappt ohne Unterstützung nicht.

Gut zu wissen!

Es ist zwar sinnvoll, sich intensiv damit zu beschäftigen, welche Fähigkeiten im Alltag eingeschränkt sind, das Ausmaß der Beeinträchtigung müssen Sie allerdings nicht selbst herausfinden. Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit obliegt nämlich der Pflegekasse in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst (MD).

Die Pflegegrade bilden die Pflegebedürftigkeit ab

Nicht jeder Mensch ist gleich stark auf die Unterstützung aus dem Umfeld angewiesen. Einige Personen kommen im Alltag weitestgehend selbst zurecht, benötigen allerdings Unterstützung bei der Nahrungszubereitung oder dem wöchentlichen Baden. Andere Personen sind jeden Tag, manchmal sogar rund um die Uhr, auf Hilfe angewiesen. Um die Ausprägung der Pflegebedürftigkeit abzubilden und die Unterschiede deutlich zu machen, gibt es die Pflegegrade. Sie zeigen auf einen Blick, wie beeinträchtigt die Betroffenen tatsächlich sind.

Die Pflegekasse unterscheidet insgesamt fünf verschiedene Pflegegrade:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Möchten Sie Leistungen der Pflegekasse beziehen, ist ein anerkannter Pflegegrad eine Grundvoraussetzung. Dafür müssen Sie im ersten Schritt einen Pflegegrad beantragen, dann die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD) durchlaufen und zuletzt auf den Bescheid der Pflegekasse warten.

Die 6 Bereiche der Pflegebedürftigkeit

Das neue Begutachtungsassessment (abgekürzt: NBA) ist ein einheitliches Verfahren, um die Pflegebedürftigkeit eines Menschen festzustellen. Der Medizinische Dienst greift darauf bei der Pflegebegutachtung zurück.

Dabei stehen folgende sechs Lebensbereiche (Module) im Mittelpunkt:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Jedes der sechs Module beinhaltet verschiedene Einzelkriterien, die jeweils mit null bis drei Punkten versehen werden. Dabei gilt das Prinzip: Je unselbstständiger Gutachter:innen einen Menschen einschätzen, desto höher fällt die Punktzahl aus. Wer zum Beispiel selbstständig Treppen steigen kann, erhält null Punkte. Ist jemand dabei auf Hilfe anderer angewiesen, bewertet der Gutachter das mit drei Punkten. Auf Basis der Gesamtpunktzahl geben Gutachter:innen eine Empfehlung für einen Pflegegrad an die Pflegekasse heraus. Die Pflegekasse hat das letzte Wort und bestimmt schlussendlich den Pflegegrad.

Gut zu wissen!

Das Begutachtungsverfahren läuft immer gleich ab. Es spielt also keine Rolle, ob Sie aufgrund einer Erkrankung oder aufgrund von Alterungsprozessen einen Pflegegrad beantragen.

Wann benötigt man ein ärztliches Attest für die Pflegebedürftigkeit?

Es kann passieren, dass nahe Angehörige plötzlich pflegebedürftig werden, zum Beispiel durch einen Unfall. Um die Pflege zu organisieren oder im Akutfall sicherstellen zu können, ist es zulässig, dass Arbeitnehmer:innen bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernbleiben. Für diese Zeit können Familienmitglieder das Pflegeunterstützungsgeld beantragen. Arbeitgeber:innen können verlangen, dass Beschäftigte eine ärztliche Bescheinigung vorlegen – aus dieser sollte hervorgehen, wie lange die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich anhält und dass die kurzzeitige Arbeitsverhinderung erforderlich ist. Übrigens: Bisher konnten Familienmitglieder das Pflegeunterstützungsgeld nur einmalig pro pflegebedürftiger Person beanspruchen. Dank der Pflegereform 2023 steht Ihnen die Leistung, sofern Sie alle Voraussetzungen erfüllen, ab Januar 2024 jährlich zur Verfügung.

Was steht einem zu, wenn man pflegebedürftig ist?

Was steht mir zu, wenn ich meine Mutter pflege? Diese und weitere Fragen beschäftigen viele Angehörige. Die gute Nachricht: Die Pflegekasse stellt ein buntes Maßnahmenpaket für pflegebedürftige Menschen bereit. Hier kommt es maßgeblich darauf an, welchen Pflegegrad Sie besitzen. Es gibt einige Leistungen, die erst ab Pflegegrad 2 zur Verfügung stehen, wie die Verhinderungspflege, das Pflegegeld oder die Pflegesachleistungen. Viele der Pflegekassen-Angebote richten sich nach der Höhe des Pflegegrades. Dabei gilt: Je höher der Pflegegrad ist, desto mehr Budget können Sie im Pflegefall nutzen. Folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die Pflegekassen-Leistungen, die Ihnen bei einer Pflegebedürftigkeit zustehen.
Pflegegrad 1 Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5
Pflegegeld 347 € 599 € 800 € 990 €
Pflegesachleistung mtl. 796 € 1.497 € 1.859 € 2.299 €
Pflegeberatung
Beratung zu Hause halbj. halbj. viertelj. viertelj.
Pflegekurse
Tages- und Nachtpflege 721 € 1.357 € 1.685 € 2.085 €
Entlastungsbetrag 131 € 131 € 131 € 131 € 131 €
Entlastungsbudget (jährl.) 3.539 € 3.539 € 3.539 € 3.539 €
Kombinationsleistung möglich möglich möglich möglich
Umwandlung 40 % ambulanter Sachleistungsbetrag 318 € 599 € 744 € 920 €
Zusätzl. Lstg. in ambulant betreuten Wohngruppen 224 € 224 € 224 € 224 € 224 €
Pflegehilfsmittel 42 € 42 € 42 € 42 € 42 €
Digitale Pflegeanwendungen DiPA 53 € 53 € 53 € 53 € 53 €
Technische Pflegehilfsmittel
Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen je Maßn. 4.180 € 4.180 € 4.180 € 4.180 € 4.180 €
Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen
Zusätzliche Lstg. bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung
Vollstationäre Pflege 805 € 1.319 € 1.855 € 2.096 €

Pflegebedürftigkeit bei Angehörigen – das sind erste Schritte

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FAQ – Pflegegrade und Pflege­bedürftigkeit

Pflegebedürftig sind Menschen, die zur Bewältigung des Alltags auf die Unterstützung von außen angewiesen sind, und zwar über mindestens 6 Monate hinweg und mit der im SGB XI festgelegten Schwere.

Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit fällt in den Aufgabenbereich des Medizinischen Dienstes. Dieser wird von der Pflegekasse beauftragt, sobald eine Person einen Pflegegrad beantragt.

Eine Pflegebedürftigkeit wird durch den Medizinischen Dienst festgestellt. Die zugehörigen Gutachter:innen nutzen dafür das Neue Begutachtungsassessment (NBA).

Kommt es zu Abweichungen der geistigen, seelischen oder körperlichen Funktionen, können eine Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorliegen. Nicht immer bedeutet eine Behinderung jedoch, dass Menschen einen regelmäßigen Hilfsbedarf besitzen, also pflegebedürftig sind.

Im Sinne des Angehörigen-Entlastungsgesetzes müssen Kinder nur dann für ihre pflegebedürftigen Eltern zahlen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen mehr als 100.000 Euro beträgt.

Der Medizinische Dienst prüft bei der Pflegebegutachtung in insgesamt sechs Lebensbereichen, wie selbstständig Personen sind. Im Zuge der Begutachtung vergeben Gutachter:innen Punkte, die auf einen Pflegegrad hinweisen.

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Dipl. Ges. Oec. (FH) Jennifer Ann Steinort
Fachjournalistin für Gesundheit/Medizin & Familie

Über unsere Autor:innen

Jennifer Ann Steinort ist Autorin bei den Pflegehelden. Sie verfasst Ratgeber, die Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen Tipps für den Pflegealltag vermitteln. Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf den Themen Finanzierung, Pflegemaßnahmen und Wohlbefinden. Ihr persönliches Anliegen ist, selbst komplexe Sachverhalte leserfreundlich zu formulieren.

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