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Barrierefreiheit – die Definition

Der Begriff der Barrierefreiheit hat seit den Neunzigerjahren im öffentlichen Diskurs zunehmend an Prominenz gewonnen. Nachdem er Einzug in die Bauordnungen der Länder hielt, stellt das barrierefreie Bauen eine wichtige Planungsgrundlage im öffentlichen Bauwesen dar. Aufgrund der stetig alternden Bevölkerung spielt dieses zunehmend auch im privaten Bereich eine Rolle. Doch was bedeutet Barrierefreiheit eigentlich konkret?

Das Wichtigste in Kürze

  • Barrierefreiheit richtet sich nicht nur an Menschen mit Behinderungen, sondern zielt auf die gleichberechtigte und selbstständige Teilnahme aller Menschen am öffentlichen Leben ab.
  • Besonders prominent ist der Begriff im Zusammenhang mit dem Bauwesen. Allerdings umfasst die Barrierefreiheit auch andere Bereiche wie z. B. das Kommunikationswesen.
  • Im privaten Wohnumfeld gibt es Möglichkeiten, den barrierefreien Ausbau finanziell durch verschiedene Förderprogramme bezuschussen zu lassen.

Gesetzliche Grundlagen von Barrierefreiheit

Der Begriff der Barrierefreiheit findet sich in verschiedenen Gesetzen, die Vorgaben zur Umsetzung treffen und damit einen allgemeingültigen Handlungsrahmen vorgeben.

UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Die UN-Konvention regelt seit 2006, welche Rechte ein Staat Menschen mit Behinderungen gewähren muss. Wenngleich hier vorwiegend auf die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen abgezielt wird, gibt es auch einige Regularien, die sich an die Nutzbarkeit von Produkten, Gegenständen oder auch Einrichtungen für alle Menschen gleichermaßen richten.

Deutschland hat im Jahr 2011 einen Nationalen Aktionsplan verabschiedet, um den Anforderungen der UN-Konvention Folge zu leisten.

Art. 3 GG Abs. 3

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Der letzte Satz zur Behinderung wurde erst im Jahr 1994 ergänzt. Die erste konsequente Umsetzung erfolgte anschließend mit dem Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, das das „Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (SchwbG)“ aus dem Jahr 1986 in die Sozialgesetzbücher integriert hat.

Definition von Barrierefreiheit nach § 4 BGG

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

Diese Definition setzt erstmals nicht bei Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern bei der Umwelt an. Es gilt also nunmehr nicht, beeinträchtigte Personen mit Hilfsmitteln auszustatten, um sich in der Umwelt bewegen zu können, sondern die Umwelt so zu gestalten, dass sich alle Menschen gleichermaßen selbstständig darin bewegen können.

gestaltete LebensbereicheBarrierefreiheit erfasst alle Bereiche, die von Menschen gestaltet werden. So muss es Menschen mit Behinderungen nicht nur möglich sein, z. B. selbstständig alle Gebäude und Wege zu benutzen, sondern z. B. auch Automaten, Handys oder Internetseiten. Nicht dazu gehören natürliche Lebensbereiche, z. B. ein Wald, ein Sandstrand, eine Felswand. Sobald der Mensch jedoch gestaltend eingreift, kann wieder für Barrierefreiheit gesorgt werden, z. B. in Form eines Waldweges, eines Bootssteges oder einer Seilbahn.
auffindbar, zugänglich und nutzbarEinrichtungen und Informationen müssen nicht nur (z. B. von blinden Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen) gefunden und (z. B. stufenlos mit dem Rollstuhl) erreicht werden, sondern auch sinnvoll genutzt werden können (z. B. indem Informationen auch für sinnesbeeinträchtigte Menschen verfügbar sind).
in der allgemein üblichen WeiseIst beispielsweise der Vordereingang nicht für Menschen im Rollstuhl nutzbar und werden diese auf einen Hintereingang verwiesen, ist der Zugang nicht „in der allgemein üblichen Weise“ gewährleistet.
ohne besondere ErschwernisZugang und Nutzung sollen für Menschen mit Behinderungen ohne komplizierte Vorkehrungen möglich sein, z. B. ohne langwierige vorherige Anmeldung oder Beantragung.
grundsätzlich ohne fremde Hilfe

Es ist immer die Lösung zu wählen, mit der möglichst viele Menschen mit Behinderungen Informationen oder Gebäude allein nutzen können. Beispiele:

  • Ein blinder Mensch kann ein Gerät mit Hilfe einer akustischen Ausgabe allein bedienen.
  • Ein Mensch im Rollstuhlfahrer kann einen Ort selbst erreichen und muss nicht getragen oder geschoben werden.

Ist dies wegen der Art der Behinderung oder der Art des Angebotes nicht möglich, so ist Barrierefreiheit nur dann gegeben, wenn der Anbieter die notwendige Hilfe bereitstellt (beispielsweise eine mobile Rampe im Bus) bzw. der Mensch mit Behinderung die notwendigen Hilfsmittel oder Assistenzpersonen (z. B. Dolmetscher*in, Blindenführer*in oder auch Blindenführhund) mitnehmen und einsetzen darf.

(Quelle: behindertenbeauftragter.de)

Als Definitionsnorm sind in § 4 BGG dabei keine Rechte oder Pflichten enthalten, die sich aus der Definition ergeben. Diese finden sich stattdessen z. B. in Landesbauordnungen wieder. Und auch in weiteren Paragrafen des BGG gibt es Hinweise zur Umsetzung:

  • 7 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt
  • 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr
  • 9 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen
  • 10 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
  • 11 Verständlichkeit und Leichte Sprache
  • 12 a Barrierefreie Informationstechnik (in öffentlichen Stellen des Bundes)

Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)

Die WCAG legen Standards für ein barrierefreies Internet fest, um möglichst vielen Menschen das Aufsuchen und Verstehen von Webseiten zu ermöglichen. Die BITV hingegen stellt eine Ergänzung zum BGG dar. Sie ist auf der Grundlage der WCAG entstanden und gilt seit 2006 für alle Internetauftritte sowie öffentlich zugänglichen Internet-Angebote von Behörden und der Bundesverwaltung. Auch hier bilden die vier Prinzipien Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit die Grundlagen der Webgestaltung.

Umsetzung in Normen

Vorgaben zur Barrierefreiheit finden sich auch in zahlreichen Normen wieder. Einige Beispiele:

  • DIN 18040 formuliert Maßnahmen und Ziele zum barrierefreien Bauen.
  • DIN-Fachbericht 124 (2002) beschreibt die Gestaltung barrierefreier Produkte bezüglich von Eigenschaften, die das Produkt für alle Menschen gleichermaßen nutzbar machen.
  • In der Kommunikationshilfenverordnung (KHV) ist der Anspruch auf die Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen in Verwaltungsverfahren geregelt.
  • Internationale Standards legen ISO und IEV fest.

Barrierefreiheit als soziale Dimension

Barrierefreiheit soll allen Menschen ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes und unabhängiges Leben sowie die Erfüllung von Pflichten ermöglichen. Dabei werden alle Ausprägungen menschlicher Fähigkeit gleichermaßen berücksichtigt, ohne eine bestimmte Personengruppe zu bevorzugen. Insbesondere genannt werden dabei Menschen:

  • mit Seh- oder Hörbehinderung
  • mit motorischen Einschränkungen, die Mobilitätshilfen und Rollstühle benutzen
  • die groß- oder kleinwüchsig sind
  • mit kognitiven Einschränkungen
  • die bereits älter sind
  • mit Kinderwagen oder Gepäck

Die Begriffsbestimmung schließt Kinder ebenso ein. Damit unterscheidet sich der Begriff der Barrierefreiheit deutlich von dem Begriff des Behindertengerechten. Er umfasst alle Menschen, die sowohl geistige als auch körperliche Handicaps aufweisen und zielt dabei auf Unterschiede hinsichtlich ökonomischer und sozialer Voraussetzungen, aber auch in Alter und Bildungsstand ab.

Barrierefreiheit im Bauwesen

Barrierefreies Bauen richtet sich nicht ausschließlich an ältere Personen. Vielmehr gilt es, allen Personengruppen gleichermaßen eine Nutzung baulicher Anlagen zu ermöglichen – ganz unabhängig von ihrer Einschränkung. Das ist nur selten durch einzelne Maßnahmen möglich, sondern erfordert gesamtplanerische Baukonzepte. Es reicht damit z. B. nicht aus, wenn der Zugang zu einem Gebäude durch eine Rollstuhlrampe ermöglicht wird, es jedoch im Innenbereich Treppen gibt, die nicht von allen Menschen genutzt werden können.

Das barrierefreie Planen impliziert damit stets auch eine vorsorgende Dimension, die auf einer Gestaltung basiert, welche nicht nur den jetzigen Zustand einer Person berücksichtigt, sondern auch mögliche Mobilitätseinschränkungen im Alter mitdenkt.

Barrierefreiheit im öffentlichen Raum

Vor allem auch im öffentlichen Nahverkehr spielt Barrierefreiheit eine wichtige Rolle, wenngleich hier beispielsweise durch zahlreiche nicht-barrierefreie Haltestellen deutlich wird, dass der Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist.

Barrierefreiheit im privaten Wohnumfeld

Damit Menschen mit Mobilitätseinschränkungen dauerhaft im gewohnten Wohnumfeld leben können, bedarf es eines barrierefreien Ausbaus. Bei Neuplanungen lassen sich entsprechende Maßnahmen direkt berücksichtigen. Oft ist aber auch der nachträgliche Umbau möglich. Einige bauliche Aspekte der Barrierefreiheit sind beispielsweise die folgenden:

Außengelände

ebenerdiger Zugang zum Haus und Garten

ggf. Einbau eines Aufzugs oder einer Rampe

Aufenthaltsräume

tragfähige Wände und Decken zur möglichen Anbringung von Halte-, Stütz- und Hebevorrichtungen

rutschhemmende Bodenbeläge

Bewegungsflächen von 1,50 * 1,50 m

Eingangsbereich

Gegensprechanlage mit Türöffner

Eingangstür mit lichter Breite von 0,95 m

Wege mit mindestens 1,50 m Breite

Sanitärräume

schwellenlose Dusche

Bewegungsflächen von 1,50 * 1,50 m

Bewegungsfläche neben der Toilette

maximale Sitzhöhe der Toilette 48 cm

Tür nach außen aufschlagend

kontrastreiche Kennzeichnung von Glasflächen

unterfahrbares Waschbecken

Haltegriffe neben der Toilette

Treppen

beidseitige Handläufe mit rundem oder ovalem Querschnitt

kontrastreiche Gestaltung der Stufen

möglichst gerader Verlauf

Bedienelemente

Höhe von 85 cm

neben einer Bewegungsfläche von 1,20 m

leichter Zugriff

Förderung des barrierefreien Bauens

Auch der Staat hat die Bedeutung des barrierefreien Bauens erkannt und unterstützt entsprechende Bauprojekte von der kommunalen bis hin zur bundesstaatlichen Ebene. Für Privatpersonen stellt die KfW hier beispielsweise zwei Förderprogramme zur Auswahl:

  • Altersgerecht Umbauen – Kredit (159)
  • Barrierereduzierung – Investitionszuschuss (455-B)

Und auch Menschen mit einem anerkannten Pflegegrad werden finanziell unterstützt, um möglichst lange in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld leben zu können. Für notwendige Umbauten, die dem Erhalt der Selbstständigkeit dienen, besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Wohnraumanpassung bis zu 4.000 Euro je Maßnahme von der Pflegekasse zu erhalten. Wohngruppen, in denen mehrere pflegebedürftige Menschen leben, können hier sogar bis zu 16.000 Euro je Maßnahme erhalten. Die Summe bezieht sich dabei jedoch auf alle Maßnahmen, die zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden. Erst, wenn sich die körperliche Konstitution verschlechtert und weitere Maßnahmen erforderlich sind, ist ein erneuter Antrag auf Bezuschussung möglich.

Barrierefreiheit am Computer-Arbeitsplatz

Anders als öffentliche Träger sind Unternehmen nicht zur Barrierefreiheit in ihren Räumlichkeiten verpflichtet. Doch ergeben sich Probleme hinsichtlich der Barrierefreiheit für Arbeitgeber*innen nicht nur aus baulicher Sicht, sondern beispielsweise auch durch die Bereitstellung barrierefreier Software am Computer. Neben technischen Hilfsmitteln wie Augensteuerung oder Mundmaus für körperliche Beeinträchtigungen gibt es beispielsweise Screenreader für sehbehinderte Menschen. Daneben erleichtern inzwischen zahlreiche Apps den Umgang mit dem Computer.

Grenzen der Barrierefreiheit

Trotz aller Bemühungen bleibt Barrierefreiheit ein Ideal. Es ist kaum möglich, jede individuelle Beeinträchtigung bei der Umsetzung von Maßnahmen zu berücksichtigen. Vor allem im Naturraum erscheint es schwer machbar, alle Einschränkungen durch technische Mittel zu kompensieren, sodass sich die Realität lediglich an das Ideal annähern kann.

Zudem wird offenbar, dass es noch ein weiter Weg ist, um die Vorgaben flächendeckend und vollumfänglich umzusetzen und gleichzeitig Informationen bereitzustellen, um vorhandene Angebote umfassend nutzen zu können.

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