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- Hilfsmittel für Senioren
- 16.05.2021
Gehhilfen
Der Begriff der Gehhilfe ist ein Oberbegriff für verschiedene Hilfsmittel zur Mobilitätssteigerung. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung führt dazu in seinem Hilfsmittelverzeichnis Gehhilfen für unterschiedliche Formen der Beeinträchtigung auf, die sich an verschiedenen Bedürfnissen eingeschränkter Mobilität orientieren und sich nach Produkten für den Innen- und Außenbereich unterscheiden.
Das Wichtigste in Kürze
- Gehhilfen unterstützen die Fortbewegung bei vorhandenen Einschränkungen der Mobilität. Es gibt sie sowohl für den Innenbereich wie auch für die Nutzung im öffentlichen Raum.
- Wenngleich Gehhilfen eine Restkraft in den Beinen erfordern, so gibt es eine breite Produktpalette, die z. B. auch eine Nutzung bei Arthritis ermöglicht. Zur besonders einfachen Fortbewegung eignen sich Modelle mit Rädern.
- Liegt eine ärztliche Verordnung über die Notwendigkeit einer Gehhilfe vor, trägt die Krankenkasse die Kosten für ein Standardmodell abzüglich einer geringen Zuzahlung von 10 Euro je Hilfsmittel.
Was ist eine Gehhilfe?
Laut der Definition des Hilfsmittelverzeichnisses dienen Gehhilfen
„gehbehinderten Menschen zum Ausgleich einer verminderten Belastbarkeit oder Leistungsfähigkeit der unteren Extremitäten mit dem Ziel, den eingeschränkten Aktionsradius zu erweitern. Die Benutzung von Gehhilfen erfordert eine eigene Kraftanwendung durch den Nutzer. Zu den Gehhilfen zählen auch Hilfsmittel, welche die Versicherte oder der Versicherte in der häuslichen Umgebung oder im sonstigen privaten Umfeld für das Erlernen bzw. Trainieren des aktiven Gehens bzw. der selbstständigen Fortbewegung benötigt.“
Charakteristisch erweist sich zudem die vergrößerte Unterstützungsfläche durch die Gehhilfe, die den Stand und Gang verbessert. Mit der Nutzung geht eine Mehrbelastung der oberen Extremitäten durch die geringere Belastung der unteren Extremitäten einher.
Gehhilfen nach dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes
Laut des Hilfsmittelverzeichnisses, das auch Ärztinnen und Ärzten als Grundlage für ärztliche Verordnungen dient, gibt es als Produktgruppe 10 verschiedene Formen von Gehhilfen.
Gehhilfen für den Innenraum (Produktgruppe 10.46) | Gehgestelle
Gehwagen (z. B. Rollator)
Gehübungsgeräte
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Gehhilfen für den Innen- und Außenbereich / Straßenverkehr (10.50) | Hand-/Gehstöcke
Unterarmgehstützen
Achselstützen
Fahrbare Gehhilfen
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Gehhilfen ohne speziellen Anwendungsort (Produktgruppe 10.99) | Zubehör
Sonstige Gehhilfen
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Abweichende Definition von Gehhilfen nach EN ISO 9999
Abweichend vom Hilfsmittelverzeichnis des GKV unterscheidet die EN ISO 999 in der Gruppe 12 die Hilfsmittel für persönliche Mobilität nach Gehhilfen, die mit einem oder mit beiden Armen gehandhabt werden. Daneben gibt es die EN ISO 11199, die Gehhilfen für die beidarmige Handhabung definiert und Kriterien für Prüfverfahren festlegt.
Die wichtigsten Gehhilfen im Überblick
Aus dem Hilfsmittelverzeichnis geht die Vielseitigkeit von Gehhilfen hervor. Damit findet sich für jede Form der Mobilitätseinschränkung eine Gehhilfe, die zu einer Verringerung der Beeinträchtigung beitragen kann.
- Gehgestelle (auch Gehbock oder Gehbarren) bestehen aus einem Rahmen mit vier Stützpunkten. Die nutzende Person hebt das Gestell bei jedem Schritt in der Vorwärtsbewegung etwas an, während sie sich beim Gehen mit beiden Händen auf dem Gestell abstützt.
- Gehwagen sind nichts anderes als Gehgestelle, die mit Rädern ausgestattet sind und daher nicht bei jedem Schritt angehoben werden müssen. Es gibt hier Sonderformen, die eine Bedienung auch ermöglichen, wenn die Greiffähigkeit nur noch eingeschränkt vorhanden ist.
- Während Gehwagen meist im Innenbereich zum Einsatz kommen, eignen sich Rollatoren insbesondere auch für die Nutzung im Außenbereich. Sie zeichnen sich oft durch weitere Ausstattungsmerkmale wie Sitzflächen oder auch Stockhalterungen aus.
- Eine Sonderform von Rollatoren sind Delta-Gehräder, die lediglich drei Rollen haben. Dadurch sind sie weniger kippsicher, dafür jedoch besonders beweglich, sodass sie häufig im Innenbereich zum Einsatz kommen.
- Mehrfußgehhilfen sehen im oberen Bereich aus wie ein Gehstock, haben am Ende des Stockes zur Steigerung der Stabilität jedoch nicht nur ein Standbein, sondern zwischen drei und fünf.
- Unterarmgehstützen sind gemeinhin auch als Krücken bekannt. Sie kommen vorwiegend bei temporären Mobilitätseinschränkungen oder jüngeren Personen zum Einsatz. Aufgrund der hohen Beanspruchung der körperlichen Muskulatur eignen sich die Unterarmgehstützen nur bedingt für ältere Menschen. Eine Sonderform sind hier die amerikanischen Achselstützen, die einen zusätzlichen Stützpunkt unter der Achsel aufweisen, sowie Arthritisstützen, bei denen der Unterarm fixiert ist und die Handgelenke so geschont werden. Alle Formen sollen nur temporär genutzt werden, da sie dauerhaft Haltungsschäden begünstigen.
- Einfache Gehstöcke eignen sich für Personen mit Mobilitätseinschränkungen häufig nicht oder nur eingeschränkt aufgrund einer fehlenden Stabilität. Es gibt aber z. B. Gehstöcke aus Metall, die nicht nur höhenverstellbar sind, sondern durch ergonomische Griffe auch für einen guten Halt sorgen.
Streng genommen gehören auch Wander- oder Spazierstöcke zu den Gehhilfen.
Rollstühle sind keine Gehhilfen
Entsprechend des Hilfsmittelverzeichnisses zählen Rollstühle nicht mehr zu den Gehhilfen, denn – wie der Name schon sagt – unterstützen Gehhilfen das Gehen und setzen so eine Restkraft in den Beinen und eine noch eigenständige Fortbewegung voraus. Rollstühle und Elektromobile finden sich daher im Hilfsmittelverzeichnis in der Produktgruppe 18.
Anschaffung einer Gehhilfe
Der Kauf einer Gehhilfe benötigt keine ärztliche Verordnung. Im Prinzip kann sich jede Person, die das Bedürfnis nach einer Gehhilfe hat, z. B. eine günstige Variante beim Discounter kaufen. Das birgt allerdings die Gefahr, dass aufgrund der fehlenden individuellen Anpassung Haltungsschäden folgen und sich die Probleme beim Gehen dauerhaft eher verschlimmern als verbessern. Auch ohne Rezept empfiehlt sich beim Kauf deshalb unbedingt das Aufsuchen des Fachhandels.
Lässt die Mobilität im Alter oder aufgrund einer Erkrankung nach, ist es darüber hinaus angebracht, die Anschaffung einer Gehhilfe mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen. Stellt diese*r eine Verordnung über die Notwendigkeit aus, trägt die Krankenkasse die Kosten abzüglich einer geringen Eigenbeteiligung.
Finanzierung der Gehhilfe
Die Finanzierung der Gehhilfe kann entweder als Selbstzahler*in oder über die Krankenkasse erfolgen. Trägt diese die Kosten, fällt lediglich eine geringe Selbstbeteiligung von 10 Euro je Hilfsmittel an. Weitere Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse sind:
- Das Hilfsmittel muss im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sein.
- Sie entscheiden sich für ein günstiges Standardmodell.
- Es liegt eine ärztliche Verordnung über die Notwendigkeit vor.
Wünschen Sie beispielsweise ein Modell mit einer gehobenen Ausstattung, die über das Standardmodell hinausgeht, tragen Sie die Mehrkosten selbst. Bei der Anschaffung einer Gehhilfe ohne medizinische Notwendigkeit müssen Sie ebenfalls selbst für die Kosten aufkommen.