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- Leben im Alter
Was ist eine parenterale Ernährung?
Im Mund zerkleinert, rutscht die Nahrung über die Speiseröhre in den Magen und gelangt von da aus in den Darm. Durch den Verdauungsprozess erhält der Organismus unter anderem lebenswichtige Nährstoffe: Makronährstoffe für die Energie und Mikronährstoffe, die ebenfalls die Körperfunktionen aufrechterhalten. Manchmal funktioniert die aktive Nährstoffaufnahme nicht mehr. Pflegebedürftige sind dafür schlichtweg zu krank. Mediziner:innen können dann eine parenterale Ernährung anordnen. Wir erklären Ihnen, wie sie abläuft, und informieren Sie über mögliche Nebenwirkungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die parenterale Ernährung ist eine Form der künstlichen Ernährung.
- Sie erfolgt unabhängig von der Magendarmpassage über die Vene.
- Mediziner:innen können eine parenterale Ernährung in Spritzenform oder per Infusion anordnen.
- Die parenterale Ernährung kommt bei Problemen mit dem Darm, nach medizinischen Eingriffen, bei Mangelernährung oder schweren Verletzungen zum Einsatz.
- Insbesondere bei längerfristiger Anwendung ist die parenterale Ernährung mit Risiken, wie Thrombosen oder Leberfunktionsstörungen verbunden.
Der Unterschied zwischen parenteraler und enteraler Ernährung
Die parenterale Ernährung und die enterale Ernährung sind Formen der künstlichen Ernährung. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend voneinander. Sehen wir uns zunächst die Definition der enteralen Ernährung an. Dabei erhält Ihr Angehöriger Nährstoffe über den Magen-Darm-Trakt, allerdings anders als gewohnt. Um Mangelzustände auszugleichen, werden dabei Nährstoffe über eine Sonde oder über Trinknahrung verabreicht. Der Begriff „parenterale Ernährung“ leitet sich vom Altgriechischen ab und bedeutet „am Darm vorbei“. Hier steht also keine Sondennahrung auf dem Plan. Stattdessen verabreichen Mediziner:innen und Pflegekräfte die Nährstoffe direkt über die Vene – entweder als Injektion oder Infusion.
Wann macht man eine parenterale Ernährung in der Pflege?
Wer gesundheitlich nicht in der Lage ist, zu essen, braucht eine künstliche Ernährung. Sie ist beispielsweise bei längerfristig bewusstlosen Patient:innen erforderlich. In einigen Fällen können Betroffene zwar noch Nahrung mit dem Mund aufnehmen, allerdings nicht ausreichend. Manchmal unterbinden Mediziner:innen auch gezielt die Nahrungsaufnahme, um den Heilungsverlauf zu unterstützen.
In folgenden Situationen können Ärzt:innen eine parenterale Ernährung anordnen:
- Probleme mit dem Darm: Besitzt Ihr Angehöriger eine schwere Darmerkrankung, wie das Kurzdarmsyndrom oder eine entzündliche Form wie Colitis ulcerosa, ist die Nährstoffaufnahme über den Darm womöglich unzureichend. Dann kann die Ernährung über die Vene helfen. Ein Darmverschluss ist ein medizinischer Notfall. Dabei kann das Organ die Nahrung nicht mehr weiter befördern – auch hier kann eine parenterale Ernährung sinnvoll sein.
- Nach medizinischen Eingriffen: Wird Ihrem Familienmitglied aufgrund von Erkrankungen ein Teil des Darms entfernt oder findet eine andere größere Bauchoperation statt, braucht das Verdauungssystem vielleicht eine Auszeit. Mit der parenteralen Ernährung kann der Bauchraum in Ruhe abheilen. Auch Patienten mit Krebstumoren im Bauch können vorübergehend davon profitieren. Das Gleiche gilt für Menschen, die eine Chemotherapie oder Bestrahlung bekommen haben und keine Nahrung verzehren können.
- Bei schwerer Mangelernährung: Pflegebedürftige können aus den verschiedensten Gründen eine schwere Unterernährung entwickeln. Dazu zählen zum Beispiel Schluckstörungen. Einer langfristigen Mangelernährung kann mit der Gabe über die Vene vorgebeugt werden.
- Bei schweren Verletzungen: Wenn Ihr Angehöriger schwere Verbrennungen oder Verletzungen erlitten hat, benötigt der Organismus besonders viele Nährstoffe. Mit der parenteralen Ernährung erhält der Körper innerhalb kürzester Zeit verschiedenste Makro- und Mikronährstoffe.
Gut zu wissen
Wenn es der Gesundheitszustand zulässt, ziehen Ärzt:innen eine enterale Ernährung stets der parenteralen Ernährung vor.
So läuft die parenterale Ernährung ab
Bei Ihrem Angehörigen steht eine parenterale Ernährung im Raum? Dann möchten Sie bestimmt wissen, wie die Nährstoffe in den Körper Ihres Familienmitglieds gelangen. Lassen Sie uns den Vorgang Schritt für Schritt gemeinsam durchgehen. Zunächst bereiten Pflegekräfte die nötigen Materialien vor. Dazu gehören die Ernährungslösung, Infusionsbesteck und steriles Arbeitsmaterial, wie Handschuhe. Danach prüft das medizinische Personal die Qualität der Ernährungslösung. Ist Ihr Angehöriger ansprechbar, erklärt die Pflegefachkraft, was nun folgt und gibt genügend Zeit, um Fragen und Bedenken zu äußern. Danach muss sich Ihr Familienmitglied entweder in Rückenlage oder aufrecht positionieren. Die Injektionsstelle, meist eine Vene am Handrücken oder Unterarm, wird mit einer Alkohollösung gereinigt. Danach zieht die Pflegefachkraft die Spitze mit der Ernährungslösung auf und injiziert sie. Für eine Infusion wird der zentralvenöse Katheter genutzt, den Mediziner:innen zuvor legen – hier werden die Nährstoffe über mehrere Stunden hinweg verabreicht.
Was ist in der Lösung zur parenteralen Ernährung enthalten?
Die parenterale Ernährung muss sicherstellen, dass Betroffene alle nötigen Nährstoffe erhalten. Deshalb besitzt die Ernährungslösung einen fein aufeinander abgestimmten Inhalt.
- Kohlenhydrate als wesentliche Energiequelle in Form von Glukose.
- Proteine zur Herstellung und Reparatur von Gewebe in Form von Aminosäuren.
- Fette als weitere Energiequelle und zur Aufnahme fettlöslicher Vitamine, etwa in Form von Lipiden.
- Elektrolyte zur Unterstützung des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushaltes.
- Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zur Deckung des individuellen Bedarfs.
Mediziner:innen unterscheiden übrigens die totale parenterale Ernährung (TPN) von der Partial parenteralen Ernährung, kurz PPN. Während bei der totalen Form alles über die Vene verabreicht wird, ist die Partial parenterale Ernährung eine Ergänzung – Ihr Angehöriger nimmt die Nahrung also hauptsächlich über den Verdauungstrakt auf.
Parenterale Ernährung: Vor- und Nachteile
Wenn von außen in die Nährstoffversorgung eingegriffen wird, hat das verschiedene Vor- und Nachteile. Mit der parenteralen Ernährung ist es möglich, eine ausreichende Nährstoffversorgung des Körpers zu erreichen. Auch dann, wenn Ihr Angehöriger gar nichts essen kann. Bei der Gabe über die Vene können Mediziner:innen und Pflegefachkräfte die Bedürfnisse Ihres Angehörigen sehr individuell berücksichtigen – das gelingt mit einer angepassten Nährstofflösung. Die parenterale Ernährung kommt bei vielen Gesundheitszuständen infrage, insbesondere bei schweren Schluckstörungen oder Funktionsstörungen des Darms. Allerdings bedeutet die parenterale Ernährung auch immer einen Eingriff in die Blutbahn – Infektionen können damit nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Wer Ernährung parenteral verabreicht, benötigt medizinisches Fachwissen und muss Patient:innen überwachen. Regelmäßige Blutuntersuchungen sind hier wichtig.
Nebenwirkung bei der parenteralen Ernährung
Mediziner:innen entscheiden sich bei Ihrem Angehörigen nur dann für eine parenterale Ernährung, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt. Diese Form der künstlichen Ernährung kann schließlich gewisse Nebenwirkungen mit sich bringen. Neben den bereits thematisierten Infektionen ist es möglich, dass es zu Stoffwechselentgleisungen kommt. Das geschieht, wenn die falschen Nährstoffe verabreicht werden oder sie zu schnell in den Körper gelangen. Daraufhin reagiert der Blutzucker- oder Elektrolythaushalt empfindlich. Muss Ihr Angehöriger längerfristig parenteral ernährt werden, erhält er einen zentralen Venenkatheter. Dadurch steigt das Risiko für Blutgerinnsel. Ein weiterer Nachteil einer längerfristig angesetzten parenteralen Ernährung sind Leberüberlastungen bis hin zu Leberfunktionsstörungen – um vorzubeugen, ist es besonders wichtig, die Nährstoffzusammensetzung gut auszuwählen.
FAQ – Häufige Fragen zur parenteralen Ernährung
Was ist eine parenterale und eine enterale Ernährung?
Bei der parenteralen Ernährung umgehen Medizinner:innen sowie Pflegefachkräfte den Darm und verabreichen Nährstoffe direkt über die Vene. Bei der enteralen Ernährung erhalten Patient:innen die Nährstoffe über eine Sonde oder mithilfe von Trinknahrung.
Welche Nachteile hat die parenterale Ernährung?
Wer parenteral ernährt wird, muss überwacht werden. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Blutuntersuchungen. Außerdem gibt es gewisse Risiken, etwa Infektionen oder eine Überforderung der Leber.
Wie lange dauert die parenterale Ernährung?
Das hängt davon ab, aus welchen Gründen sich Mediziner:innen dafür entschieden haben. Kurzfristige Nährstoffspitzen können damit in einigen Tagen bis Wochen abgefangen werden – Menschen können beispielsweise nach schweren Verletzungen einen erhöhten Nährstoffbedarf haben. Ist die Nahrungsaufnahme aus Krankheitsgründen längerfristig nicht möglich, erfolgt die parenterale Ernährung zeitlich unbefristet.
Weiterführende Informationen und hilfreiche Links
- Parenterale Ernährung - Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
- Parenterale Ernährung » Definition • Arten • Mobilität
- PowerPoint-Präsentation | Uniklinik Freiburg
- Parenterale Ernährung bei Senioren: Definition, Anwendung und praktische Aspekte der künstlichen Ernährung
- Krawinkel MB. Parenterale Ernährung. Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung. 2013:671–82. German. doi: 10.1007/978-3-642-24710-1_37. PMCID: PMC7498769.
- Parenterale Ernährung: Definition, Anwendung und Risiken: ZBI-Gruppe
- Künstliche Ernährung | Gesundheitsportal